Freitag, 16. Januar 2009

Hörste-Konferenz: Neubaugebiet für Hörste im Gespräch

Zum Thema "Hörste-Konferenz": In der letzten (nicht-öffentlichen) Sitzung am 14. Januar 2009 wurde - nach über 2 Jahren Tagungszeit - das erste Mal die Katze aus dem Sack gelassen: Der Bürgermeister deutete an, man könne das alte HGL-Gelände "Hang am Sternberg" ja eventuell auch in Teilen zu einem Neubaugebiet für eine Wohnsiedlung machen! Ansonsten könne eventuell eine Ortskerngestaltung nicht bezahlt werden, und man könne ja nur das planen und machen, was auch bezahlt werden könne.

Das, was wir immer gesagt haben, liegt jetzt auf dem Tisch: Nach unserer Meinung ging und geht es bei der "Hörste-Konferenz" nur darum, den „Hang am Sternberg“ irgendwie zu einem Baugebiet zu machen, auch gegen den Willen der Bevölkerung. Alles andere scheint da weniger wichtig.

Man muss sich vorstellen: Ursprünglich sollte ein Luftkurort mit einem von Fachleuten entwickelten umfassenden modernen Dorfentwicklungsplan für das 21. Jahrhundert fit gemacht werden. Das war eigentlich auch der letzte Stand der Dinge nach dem Anhören aller Fachleute. Stattdessen bringt der Bürgermeister jetzt die Rezepte des vergangenen Jahrhunderts ins Spiel! Ein wunderschönes großes Grundstück in Hörste ist frei und sollte eigentlich für Kurortzwecke genutzt werden - und einigen "Planern" fällt offenbar tatsächlich nichts anderes ein als das, was man vor 20 Jahren gemacht hätte und hat: "Machen wir doch ein Wohngebiet daraus"! Nur, dass sie noch nicht gemerkt haben, dass die Zeiten sich völlig geändert haben! Selbst der Beigeordnete Paulussen musste auf Nachfrage zugeben, dass man heute eigentlich nicht mehr neue Baugebiete auf grüne Wiesen plant - aber in Hörste und für den Hang am Sternberg sei es etwas anderes!!?

Wir wissen nicht, ob es noch etwas nutzt und ob man noch an die Vernunft appellieren kann. Aber wir versuchen es weiter mit Überzeugungsarbeit und orientieren uns nicht an persönlichen Interessen, sondern an Fakten und Meinungen von Fachleuten, die es ziemlich sicher besser wissen als wir alle zusammen.

Genau zu dem obigen Thema erschien vor wenigen Tagen in der LZ vom 02. Januar 2009 ein ganz aktuelles Interview mit dem Chef des Umweltbundesamtes Andreas Tröge. Aus presserechtlichen Gründen geben wir hier nur eine Zusammenfassung und einige Auszüge wieder:

Überschrift des Artikels: „Jetzt muss das Ressourcen-Bewusstsein kommen“

INTERVIEW: Umweltbundesamts-Chef Andreas Troge lenkt den Blick auf endliche Lebensgrundlagen

 

(…) Für ein neues Ressourcenbewusstsein plädiert Troge auf die Fragen von Matthias Armborst.

Auf den Hinweis des Redakteurs, dass bereits am 23.9.2008 sämtliche Rohstoffe aufgebraucht gewesen sein, die der Weltbevölkerung eigentlich für das gesamte Jahr zugestanden hätten, antwortet der Chef des Umweltbundesamtes:

„ … Wir entreißen der Erde weit mehr natürliche Ressourcen, als sie auf Dauer bereitstellen kann. Seit Ende September leben wir von der Substanz. Und wenn wir dann noch die Umweltbelastungen hinzurechnen, die bei der Herstellung unserer Produkte außerhalb Deutschlands entstehen, hätte Deutschland seinen „Overshoot Day“ sogar schon im Frühjahr – für den Rest des Jahres zehren wir unser natürliches Kapital auf.“

Auf die weitere Frage, ob daher bei der Nutzung unserer Ressourcen drastisch gespart werden müsse, sagt Andreas Troge:

„Ja, denn wir werden in den nächsten Jahrzehnten eine dramatische Rohstoffverknappung bekommen – wegen des starken Bevölkerungswachstums und wegen des wachsenden Pro-Kopf-Wohlstands, gerade in den Schwellenländern. Nach dem Klima- brauchen wir deshalb jetzt ein Ressourcenbewusstsein. Wir müssen unseren täglichen Konsum hinterfragen und mehr wissen wollen über das,was wir kaufen und verbrauchen.“

Daraufhin fragt der Redakteur, ob man stärker auf nachwachsende Rohstoffe setzen solle. Die Antwort von Troge:

„Grundsätzlich ja, wobei nachwachsende Rohstoffe wie Holz häufig als unendlich missverstanden werden. Dabei haben auch sie eine Begrenzung, und zwar ihre jeweilige Wachstumsrate. Wir können der Knappheit nicht entfliehen, indem wir einfach endliche Rohstoffe durch nachwachsende ersetzen – wir müssen auch unterhalb ihrer Zuwachsrate bleiben. …“

Als weiteres Beispiel für die Ausbeutung von Ressourcen nennt Troge dann den Hausbau:

„ …Unter Rohstoffgesichtspunkten ist es viel günstiger, ein altes Haus zu sanieren, als ein neues zu bauen. Wer ein altes Gebäude saniert, spart rund zwei Drittel an Baumaterialien, also Steine, Erden, Holz und Metalle – wie Stahl, Kupfer oder Zink. Das Umweltbundesamt schätzt, dass wir in Deutschland pro Jahr etwa 90 Millionen Tonnen neues Baumaterial einsparen könnten, falls wir den Bestand effizienter nutzten würden. Im Übrigen werden wir viele unserer Neubauten künftig nicht mehr brauchen. Deutschland altert, und zwar rapide.“

Und auf die Frage des Redakteurs, was denn daraus folge, kommt Troge dann zu einer Aussage, die man fast direkt auf die oben geschilderte Situation aus der „Hörste-Konferenz beziehen könnte:

„Dass Eigenheime in dünner besiedelten Gebieten an Wert verlieren. Mein Appell lautet: Hören wir auf, immer neue Neubaugebiete auf der grünen Wiese auszuweisen, und ziehen wir wieder in die Stadt. Erstens würden wir der biologischen Vielfalt wieder mehr Raum geben. Zweitens bewegen wir uns in Städten mit kürzeren Wegen und günstiger, das gilt erst recht für Ältere. (...)“

Alles das sagt der Chef des Umweltbundesamtes und ein ausgewiesener Fachmann, und zwar vor wenigen Tagen! Aber was interessiert das die Planer und Macher in Lage und Hörste? Irgendetwas muss in Hörste passieren, sagen sie, und dann ist es auch eigentlich egal, was. Sollen andere gegen das Bauen auf der grünen Wiese sein und etwas von „Ressourcenschonung“ erzählen – wir wissen das besser und machen das Gegenteil. Schließlich hat man das doch immer so gemacht.

Ist das nicht traurig und deprimierend? Oder kann man noch auf so etwas wie Vernunft hoffen? Die BBL jedenfalls wird kein neues Wohnbaugebiet am "Hang am Sternberg" unterstützen, in welcher Form auch immer.

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